Trotz strahlenden Sonnenscheins: deprimiert am Tegernsee! Drei knappe Niederlagen lassen Abstiegsgespenst erwachen
(von Frank Zeller)

Au Backe - das war ganz schön hart! Es war im Voraus klar, daß das ganz lange Wochenende mit drei Runden kein Zuckerschlecken werden würde, denn schließlich war kein schwacher Gegner auszumachen. Aber während man gegen Spitzenreiter Lübeck keine falschen Hoffnungen hegte war gegen die gleichwertigen Mannschaften aus Hamburg und Gastgeber Tegernsee der Spielausgang theoretisch völlig offen. Zwei Punkte zu ergattern war unser selbstauferlegtes Pflichtprogramm. Wir kämpften durchaus wacker, hielten uns gut, brachten tolle Siege und restpektable Remisen gegen wahre Schachriesen zustande, um - letztlich mit leeren Händen, sprich: mit Null Punkten dazustehen!
Hier ein kurzer Abriß der Ergebnisse:


Tegernsee - Stuttgarter SF 5-3

Freitags ging es sogleich gegen die Gastgeber. Die Begegnung war hart umkämpft und entschied sich schließlich, wie so oft, in der vierten Stunde. Die Tegernseer gewannen wichtige Punkte an den hinteren Brettern und sicherten sich so den 5 : 3 Sieg. Der war letztlich verdient; unsere Gegner waren an diesem Tage einfach besser und das Ergebnis entsprach ungefähr dem Verlauf des Kampfes, obgleich der zwischendurch etliche Schwankungen durchmachte. Unsere Achillesferse an diesem Wochenende war hier bereits auszumachen: die letzten drei Bretter! Gerade die sollten eigentlich durch meine Anwesenheit als 9. Spieler gestärkt werden, doch sorgte die beabsichtigte Rotation eher für Unruhe im Team, was gleichermaßen unnötig wie schade war...

Stuttgarter SF - Lübeck 3-5

Am Samstag gegen die Riesen aus Lübeck lieferten wir unsere beste Leistung des Wochenendes. Ein Unentschieden war lange Zeit drinn. Die Profitruppe zeigte aber doch noch ihre Zähigkeit und schnappte uns die Belohnung weg. Wieder 3 : 5 gegen uns, doll gekämpft - aber wieder nix!

Hamburger SK - Stuttgarter SF 4.5-3.5

Sonntags mußten folglich die Punkte her. Und die Hamburger, uns auch nominell unterlegen, schienen bezwingbar zu sein. Es ließ sich auch sehr gut an. An mehreren Brettern kam Stuttgart mit Stellungs- wie mit Zeitvorteil aus den Eröffnungen heraus, nach zwei, drei Stunden zeichnete sich immer mehr ein Sieg für uns ab. Dann die Wende: bezeichnend für diese war Schmittdiels Partie. In gewonnener Stellung war er bereits etwas zu lässig, wollte sich nicht mit kleinen Vorteilen begnügen, verrechnete sich, strauchelte ... und verlor gar noch! In der Zeitnotphase verpatzten einige Jungs ihre aussichtsreichen Positionen, selbst unser ansonsten sicherer Remisspieler Bunzmann lief seinem Gegenüber Wahls noch ins Messer. Am Ende hieß es 3,5 : 4,5 und erst dieses entäuschende Resultat sorgte dafür, den Trip an den bayrischen See als völlig mißlungen bezeichnen zu müssen.

Ein paar positive Momente müssen und können herausgestellt werden: dafür verantwortlich war ausschließlich der vordere Teil der Mannschaft, allen voran unser Spitzenbrett Mikhail Golubew. Der Ukrainer, der gegen bärenstarke Gegnerschaft zu kämpfen und zudem noch den strapaziösesten Anreiseweg aufzuweisen hatte, lieferte drei hochdramatische Kombinationspartien. Er begann mit der vielleicht unglaublichsten Partie des Wochenendes gegen Igor Khenkin von Tegernsee. Dieser brachte mit einer Neuerung im 7. Zuge den Stuttgarter sehr früh zum Grübeln - über 50 Minuten vergingen, bis Mikhail seinen mit einem Bauernopfer verbundenen 8. Zug entkorkte. Eine halbe Stunde später nahm Khenkin das "Geschenk" an, was er noch bereuen sollte. Dann, wenige Züge später: Golubev spielt einen unglaublichen Zug, stellt seinen Springer einfach so zum Fraß hin! Sein Gegner ist irritiert, verzichtet auf die Annahme des Opfers, bietet Remis an - doch Golubev lehnt kaltblütig ab! Nach zwanzig Zügen hat der Stuttgarter weniger als zwanzig Minuten auf der Uhr, sein Gegner noch deutlich mehr Reserven, doch nach einer erneuten Bombe wirkt Khenkin wie angeknockt, schüttelt den Kopf, läßt die Zeit ablaufen. Schließlich wird es deutlich: der Tegernseer ist verloren. Zum krönenden Abschluß setzt Golubev mit einem hübschen Mattbild noch einen drauf. Eine Wahnsinnspartie!
Tags darauf sitzt ihm Weltklassemann Shirov gegenüber. Aber unser Ukrainer bleibt unerschrocken, packt eine eigens für die Partie präparierte Neuerung aus und bringt den Riesen ins Schwitzen. Die Stellung ist äußerst taktisch und völlig unklar. Irgendwann kristallisiert sich heraus, daß es an Shirov liegt, ums Remis zu spielen. Das erhält er auch, weil sein starkes Läuferpaar die Minusqualität gerade mal wettmachen kann. Auch Mikhails dritte Partie ist vogelwild. Zwar steht er kritisch, doch sein Gegner kriegt in der Zeitnotphase das Nervenflattern und bietet schnell Remis an. Zwei aus drei am ersten Brett - alle Achtung! Ähnlich stark und vor allem souverän agierten Hickl und Gabriel. Drei sichere Remis fährt jeder heim, wobei sie nie in Gefahr geraten und Jörg dem großen Mickey Adams sowie Christian dem Topmann Evgenyi Bareev jeweils ein Unentschieden abtrotzen. Kleiner Wehmutstropfen: gegen Hamburg hatte Jörg seinen Gegner Ftachnik bereits am Wickel, ließ ihn entkommen - ein wichtiges halbes Pünktchen war weg... Dimitri Bunzmann war diesmal wenig inspiriert und selbst nicht zufrieden mit sich. Doch auch in dieser "Unterform" erreichte er gegen drei nominell stärkere Gegner zwei beachtliche Remisen. Neben Golubev war Rainer Buhmann der zweite Leistungsträger. 2 aus 3, nie in Gefahr gewesen und zweimal nur knapp am Sieg vorbeigeschrammt, so lautete seine Erfolgsbilanz. Trotz bescheidener Eröffnungen versteht er es immer, mit seinem Hang zur Initiative die Ereignisse aus dem Stehgreif zu forcieren und den Gegner unter Druck zu bringen.
Kommen wir zum traurigen Teil: die letzten drei Bretter, an denen vier Protagonisten zum Einsatz kamen. Erwartungsgemäß sollten sie rund 50 % holen, doch unterm Strich blieben nur drei Remisen bei sechs Niederlagen, gelinde gesagt viel zu wenig!
Eckhard Schmittdiel spielte experimentierfreudig bis launisch, verlor bei seinen 0 aus 2 auch wie oben erwähnt seine gut stehende Partie gegen Hamburg. Matthias Duppel, bislang der Topscorer des Teams erwischte ein schwaches Wochenende, schien etwas ausgepowert zu sein und erreichte nur ein Remis aus drei Partien. Carsten Volke ging in seinen beiden Partien leer aus. Nachdem er seine Anfangs gute Stellung gegen Frau Kachiani verdorben hatte war er nicht mehr zu brauchbarem Schach fähig. Ich selbst holte zwar zwei Remisen, spielte aber unkonzentriert, energielos und war noch auf Glück angewiesen. Es darf bilanziert werden: unserer hinterer Mannschaftsteil ist momentan nicht stabil genug. Spielen können die Jungs alle, nur sind sie sehr von der Tagesform abhängig. Es fehlt die Wettkampfhärte, Praxis und/oder Motivation. Mal sehen, wie's weitergeht. Eng wird es auf jeden Fall werden, auch wenn noch die halbe Saison aussteht....

(Partien folgen!)

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